Smart-TVs
Cloud-Dienste auf dem Vormarsch
Die Cloud bietet tatsächlich unendlich viele Möglichkeiten, um überall und jederzeit auf Medieninhalte zugreifen zu können. Doch was genau verbirgt sich hinter dem "wolkigen Begriff" und was hat er im Wohnzimmer zu suchen?
Die Wolke fliegt unaufhaltsam näher und umhüllt nach und nach den Fernseher mit seinen Smart-TV-Apps. Jetzt werben auch TV-Hersteller mit Cloud-Diensten.
Der Ausdruck "in der Cloud" ist gleichbedeutend mit "online gespeichert". So einfach ist das. Cloud-Dienste bieten also beispielsweise einen persönlichen und sicheren Speicherplatz im Internet an.
Daten teilen und gemeinsam nutzen
Wer sich etwa beim Cloud-Anbieter Dropbox.com anmeldet, der erhält ein Benutzerkonto mit zwei Gigabyte Gratisspeicher. Dort kann er Dateien ablegen, etwa Fotos, Videos oder Texte. Wer Dateien mit Freunden teilen möchte, verschickt nicht diese per Mail, sondern den Zugangs-Link zum Online-Speicher. So lassen sich auch ganze Verzeichnisse mit ausgewählten Personen teilen. Alle Mitreisenden können zum Beispiel die Urlaubsbilder der gemeinsamen Reise in einem gemeinsamen Verzeichnis ablegen. Auf diese Weise können alle auf jedes Bild zugreifen.
Bei Dropbox passiert das Ganze am Computer - wahlweise über den Internet-Browser oder im normalen Dateimanager. Der im Internet hinterlegte Ordner verhält sich dann wie ein lokales Verzeichnis. Dropbox ist nur eines unter vielen Beispielen für einen Cloud-Speicher, wie er heute am PC oder Mac längst üblich ist. HiDrive, SugarSync und Microsoft SkyDrive heißen andere Cloud-Dienste mit ähnlichen Funktionen.
Cloud vom Smartphone oder TV nutzen
Doch es gibt auch im Multimedia-Bereich immer mehr Cloud-Anwendungen, die gerade auf Flat-TVs oder mit Mobilgeräten ganz neue Möglichkeiten erschließen. Denn für Privatanwender sind Cloud-Dienste vor allem im Hinblick auf die Daten interessant, die man immer dann nicht dabei hat, wenn man sie gerade zeigen möchte: die Fotos vom letzten Urlaub etwa, die man auf dem Familienfest vorführen möchte.
Oder den Videoclip vom Mountainbike Downhill, mit dem sich die Freunde beim Kneipentreff beeindrucken lassen. Und wo liegen die, wenn man sie eigentlich bei sich haben sollte? Meist zu Hause, irgendwo auf der PC-Festplatte. Für diesen Zweck gibt es Cloud-Dienste mit Talenten für Medien-Inhalte.
Wolken für Fotos, Video und Musik
Ein gutes Beispiel ist pogoplug.com. Der Cloud-Speicher funktioniert ganz ähnlich wie Dropbox, bietet aber eine Web-Darstellung und Smartphone-Apps mit Foto-, Video- und Musik-Player. Man kann pogoplug-Inhalte auf all diesen Geräten direkt vorführen. Vorausgesetzt, man hat eine Internet-Verbindung.
pogoplug ist derzeit nicht auf Smart TVs nutzbar, doch TV-Apps für den Dienst dürften früher oder später kommen. Andere Anbieter bringen die Cloud bereits jetzt ins Wohnzimmer - und sei es durch eine neue Namensgebung. Beispiel Deutsche Telekom: Für Kunden von TOnline und Telekom Entertain gibt es bereits seit längerer Zeit das Mediencenter. Das ist ein Online-Speicher, in den man etwa Fotos vom iPhone hochladen und diese am PC oder über den Entertain-Media-Receiver am Fernseher anschauen kann. Umgekehrt lassen sich auch Mediendateien am PC hochladen und auf dem Smartphone oder TV vorführen.
Erst im letzten Herbst hat die Telekom das Mediencenter in Telekom Cloud umgetauft. Die ist zwar noch immer unter der Web-Adresse www.telekom.de/mediencenter erreichbar, aber Wolke ist Wolke. Hier bekommt derzeit jedermann 25 GByte Gratisspeicher - egal, ob er Telekom-Kunde ist oder nicht. Die Telekom Cloud bietet damit den derzeit wohl großzügigsten Gratisspeicher dieser Art. Mittlerweile sind Fotos, Videos und Musik aus der Telekom Cloud auch über Smart TVs von Philips abrufbar, weitere Geräte dürften folgen.
Google: Cloud-Anbieter und TV-Pionier
Ein weiterer kostenloser Cloud-Dienst ist Google. Der Suchmaschinen-Konzern bietet viele Online-Dienste an, die zusammen mit einem Googlemail-Benutzer-Account auch über Cloud-Funktionen verfügen. Da gibt es ein Online-Office-Paket, ein 3D-Animationsprogramm sowie YouTube und Picasa. Beide sind dafür gemacht, Videos und Fotos online zu speichern und sie der Welt zu präsentieren - oder nur ausgewählten Freunden.
Beide zählen zu den ältesten und am weitesten verbreiteten Smart-TV-Apps. Egal, ob Panasonic VIERA Connect, Samsung Smart TV, Sony BRAVIA Internet Video oder Toshiba Places - fast jedes Smart-TV-Portal zeigt Picasa-Fotoalben sowie YouTube-Videos. Das klappt mit öffentlichen Inhalten sowie mit Alben und Videos, die man zuvor selbst hochgeladen hat. Genau das ist der Zweck aller Cloud-Dienste: Der Zugriff auf persönliche Daten soll überall und auf allen Geräten ähnlich leicht funktionieren.
Das gilt nicht nur für selbst kreierte Medien. Der Online-Videorekorder BONG.TV etwa nimmt im Auftrag seiner Kunden Fernsehsendungen auf und speichert sie online.
Man kann die Mitschnitte am Computer herunterladen und speichern. Die virtuellen Aufnahmen lassen sich aber auch am Smartphone, Tablet sowie auf einigen Smart TVs per BONG.TV-App aufrufen und per Streaming anschauen. Das spart Zeit und Speicherplatz. Nur noch Filme, die man wirklich dauerhaft archivieren möchte, werden auf die Festplatte heruntergeladen.
Ein weiterer kommerzieller Cloud-Dienst ist iTunes Match. Der Apple-Dienst bildet die gesamte Musiksammlung der Festplatte online nach und stellt sie allen Apple-Geräten per Streaming zur Verfügung - egal, ob der Besitzer die Titel bei iTunes gekauft oder von CD gerippt hat. Riesige iPhone-Musikspeicher werden so überflüssig - zumindest, solange eine Online-Verbindung besteht.
Einkauf in der Cloud
Andere kommerzielle Angebote sind ganz auf das Cloud-Business ausgerichtet. Bei der Online-Videothek Acetrax etwa, die auf immer mehr TV-Geräten Filme zum Abruf oder zum virtuellen Kauf anbietet, wird gar nichts heruntergeladen. Mit dem Kauf eines Films erwirbt der Kunde das Recht, ihn jederzeit per Streaming anzuschauen.
Auch Musik-Streaming-Dienste mit monatlichen Abogebühren wie Sony Music Unlimited oder Napster funktionieren nach diesem Muster. Man kann hier eher von einer Flatrate-Miete sprechen, bei Acetrax von einem virtuellen Kauf. Beide Lösungen sind nicht dauerhaft: Stellt der Dienst seinen Betrieb ein, verfallen die Inhalte.
Virtuelles Eigentum in der Cloud verspricht auch das neue Rechtemanagement Ultraviolet, das kürzlich in den USA startete. Es kombiniert etwa den Kauf einer Blu-ray Disc mit der Möglichkeit, den Film auch auf anderen Geräten anzuschauen - etwa am PC oder iPad. Technisch lässt sich das auf unterschiedliche Weisen umsetzen.
Rovi etwa hat Anfang des Jahres eine Cloud-Lösung namens Rovi Digital Copy Solution präsentiert: Von der Disc aus soll sich der jeweilige Film in einem Online-Account des Benutzers freischalten lassen. Dann sei der Film dauerhaft über alle Geräte abspielbar, die mit dem Rovi-Dienst zusammenarbeiten. Passende Player sollen unter anderem Samsung Smart TVs sowie Smartphones, Tablets, Set-Top-Boxen und PCs sein.
Ähnliche Cloud-Angebote gibt es in den USA auch unabhängig von physischen Discs. Bei Amazon Instant Video etwa kann man Filme leihen oder kaufen und sie am PC, auf Tablets und auf fast allen Smart-TV-Typen anschauen. Um sie auch offline genießen zu können, lassen sich manche Videos auf bis zu zwei Geräte herunterladen. In der Regel liegen sie aber auf dem Amazon-Server und sind über den Shop-Login per Streaming abrufbar.
Wolken von Samsung und Sony
Hierzulande spielen Cloud-Dienste für eigene Daten derzeit noch die größte Rolle - von Alternativen zu Dropbox bis zu weiteren Foto-/Videospeichern wie Flickr oder Vimeo.
Mittlerweile setzen auch TV-Hersteller auf die Cloud: Samsung will mit der TV-Generation 2012 AllShare Play einführen, und Sony startet in diesen Tagen den Online-Multimedia-Dienst PlayMemories. Die beiden Cloud-Speicher sind auf den Abruf ihrer Inhalte über die Geräte der Hersteller optimiert. Computer, Smart TVs, Tablets und Smartphones sind als primäre Spielpartner vorgesehen. Samsung und Sony werden wohl auch in einige Digitalkameras und Camcorder Cloud-Funktionen einbauen. Denn erst, wenn Fotos und Videos direkt aus der Kamera in der Cloud landen, wird der Umgang damit intuitiv.
Besonders viel ist bislang nicht über die Umsetzung der TV-Clouds zu erfahren. Samsung will seinen Speicher in Kooperation mit dem Dropbox-Konkurrenten SugarSync anbieten und den Online-Abruf in die AllShare-Funktion seiner Geräte integrieren - also als Online-Ergänzung des DLNA-Medienabrufs.
Praktisch: Der Online-Speicher taucht dann im AllShare-Menü neben anderen Medienservern auf und benötigt so keine zusätzliche App. PlayMemories soll laut Sony in das Entertainment Network integriert werden, zu dem bereits der Musik-Streaming-Dienst Music Unlimited und die Sony-Online-Videothek zählen. Sony und Samsung wollen begrenzte Gratisspeicher anbieten, die sich kostenpflichtig erweiten lassen.
Die Personal Cloud als Alternative
Keine Sorgen um zu wenig Speicherplatz müssen sich Nutzer einer sogenannten Personal Cloud machen. Das ist eine Netzwerk-Festplatte mit Internet-Zugriff von außen. Im Vergleich zur Online-Cloud bietet sie eine unendliche, erweiterbare Kapazität.
Ihre Stärke liegt in der Kombination zweier Funktionen: Von außerhalb kann man mithilfe eines Online-Dienstes wie WD 2go oder pogoplug auf die Daten der Festplatten zugreifen, im Heimnetzwerk kann über einen DLNA-Medienserver jeder Smart TV oder Netzwerk-Player Fotos, Videos und Musik abrufen und spielen. So ist man für die Medienwiedergabe im Wohnzimmer nicht an eine Smart-TV-App gebunden. Für den mobilen Zugriff via iPhone und Co. haben dagegen alle Personal-Cloud-Anbieter die passenden Apps auf Lager.
Vorsicht - auch in der Wolke!
Bei jeder Art der Online-Speicherung sollte man eines beachten: Daten, die außerhalb der eigenen vier Wände lagern, hat man nicht mehr selbst in der Hand. Die Anbieter von Cloud-Diensten versprechen zwar absolute Sicherheit und höchste Diskretion.
Doch nicht erst seit dem Hacker-Desaster im PlayStation Network von Sony im letzten Jahr weiß man, dass es im Internet keine absolute Sicherheit gibt: Bei einem Störfall könnten online gespeicherte Daten verloren gehen, und Hackern könnte es gelingen, sich Zugang zu privaten Daten zu verschaffen. Gegen Datenverlust schützt eine lokale Sicherungskopie, gegen Spionage nur die Regel, keine streng vertraulichen Inhalte und Informationen im Netz zu lagern.
Fazit
Die Cloud-Technik bietet im Wohnzimmer und unterwegs mehr Chancen als Risiken. Wer sich daran gewöhnt hat, überall auf seine Fotos oder die Musiksammlung zugreifen zu können, der möchte auf den Komfort nie mehr verzichten. Allerdings muss das Zusammenspiel zwischen PC, Online-Speicher und den Abrufgeräten reibungslos klappen, sonst wird die Cloud nicht genutzt. Praktischerweise lassen sich fast alle Dienste unverbindlich testen.
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