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Europa-TVs: Vorsicht beim Kauf von EU-Modellen

18.12.2013 von Volker Straßburg

Ein Fernseher aus Spanien, Frankreich oder Polen? Superschnäppchen - da muss man zugreifen! Doch die günstigen "EU-Modelle" sind nicht immer so kosmopolitisch, wie sie vorgeben. Was Sie beim TV-Kauf im Internet beachten sollten.

ca. 5:30 Min
Ratgeber
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Europa-TV
Europa-TV
© David Hirjak - Fotolia.com

Praxis-Tipps beim Kauf eines EU-Modells:

  • auf rechtliche Vorgabe achten
  • Modellbezeichnung vergleichen mit Hersteller-Katalog/Internet
  • Hotline des Herstellers kontaktieren
  • Firmensitz des Händlers überprüfen
  • im Inserat veröffentlichte Ausstattungsliste prüfen
  • sofort Empfangs- und Multimedia-Funktionen probieren
  • Screenshots zur etwaigen Beweisführung

Der Preis des Markenfernsehers im Internet ist verlockend: Er unterbietet sämtliche Angebote, die man sonst findet. Auch alles Weitere scheint klar zu sein: Zwar ist die Modellbezeichnung in keinem deutschen Katalog des Herstellers zu finden. Doch es steht gut verständlich unter der Abbildung, welchem TV-Modell das Angebot in Deutschland entspricht. Da kann ja nichts schiefgehen, auch wenn der Absender des Internet- Händlers nicht in Deutschland, sondern in Polen, Spanien oder etwa Frankreich liegt. Tatsächlich?

Weit gefehlt. Möglicherweise tauchen einige Probleme auf. Im Extremfall funktioniert die Ausstattung, auf die man Wert gelegt hat, gar nicht oder nur unvollständig. Auch Ungereimtheiten in der Bedienung sind möglich. Denn der angebotene Fernseher war ursprünglich eben nicht für Deutschland adressiert und kann daher Unterschiede zur hiesigen Modellvariante aufweisen. Man hat es mit einem "EU-Modell" zu tun.

Freier EU-Handel

Den möglichen Problemen liegt etwas an sich sehr Wünschenswertes zugrunde: der freie europäische Binnenmarkt. Die Grenzen sind gefallen, und die Händler dürfen ihre Produkte EU-weit und zollfrei anbieten. Das heißt: Ein portugiesischer Großhändler kann per Internet in ganz Europa seine Produkte verkaufen und damit etwa in Deutschland Kunden finden. Das erkennt man nicht unbedingt auf Anhieb, da er in deutscher Sprache auf deutschen Websites inseriert. Bietet er dabei günstiger an als die deutsche Konkurrenz, umso besser.

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Das denken zumindest viele. Doch der Schein kann trügen. Auch wenn der Handel keine Grenzen kennt, die Ausstattung der Heimkinoprodukte berücksichtigt sie nach wie vor. Der Knackpunkt sind regionale Gegebenheiten und Erfordernisse, die zum Tragen kommen. Zumindest dann, wenn die Produkte reichhaltig und differenziert ausgestattet sind. Während etwa ein Toaster recht wenige Unwägbarkeiten befürchten lässt, sieht die Sache mit modernen TV-Geräten und Blu-ray-Playern ganz anders aus.

Unterchiede der Bedienung und Senderlisten innerhalb der EU
Zu Überraschungen können bei EU-Modellen Unterschiede in der Bedienung gehören. So sind die Senderlisten in den einzelnen Ländern nach den dortigen Präferenzen sortiert.
© Hersteller

Technische Unterschiede

Die Problematik startet bereits bei den integrierten TV-Empfängern. Mit DVB-T und DVB-T2 gibt es in Europa derzeit zwei aktuelle, unterschiedliche Tuner für das Antennenfernsehen. Wer etwa seine Ferienwohnung in Österreich mit einem TV ausstatten möchte, muss hier bereits ein Auge darauf haben. Weitere Unterschiede wird es zukünftig geben, wenn UHD eingeführt wird. Dann dürften sich auch die digitalen Kabel- und Sat- Empfänger innerhalb Europas unterscheiden.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind in Zeiten smarter Fernseher die jeweiligen Internet-Portale der TVs sowie weitere interaktive Features wie die Red-Button-Funktion. In den Internet-Portalen der EU-Fernseher können Apps fehlen, die aus Lizenzgründen nur für bestimmte Länder zulässig sind. Dann fallen etwa Video on Demand oder die Mediatheken als Services weg, wie die Hersteller auf Nachfrage von video erklären. Denn der Portalinhalt richtet sich oft nach dem Herkunftsland des Fernsehers, nicht nach seinem Standort. In diesem Fall steht der Download der Apps nicht zur Verfügung.

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Auch ob es System-Updates für den Fernseher gibt, kann von Ländergegebenheiten abhängen. In Großbritannien etwa mag es Services oder Problembereiche geben, die wir nicht kennen. Dann sind die Updates für Deutschland wertlos, und die für den hiesigen Markt wichtigen Korrekturen lädt der TV nicht.

Anfällig für Ungereimtheiten ist auch die Red-Button-Funktion. Die Programmanbieter übertragen immer mehr Zusatzinfos via Internet, sodass dieses Angebot zunehmend attraktiver wird. Sind TV und Dienst aber nicht perfekt aufeinander abgestimmt, kann es leicht Fehlfunktionen geben.

Probleme bei der Bedienung sind im wahrsten Sinne vorprogrammiert, indem die Senderlisten im Allgemeinen an die Länderprioritäten angepasst sind. ARD und ZDF auf den vordersten Programmplätzen zu finden darf man also nicht hoffen. Man muss vielmehr die deutschen Sender bei der Erstinstallation allesamt eigenhändig nach vorn verschieben.

Last but not least: Dass die Anzahl der Buchsen zwischen den an sich gleichen Modellen der unterschiedlichen Länder variieren, ist keine Seltenheit. Da die deutschen Kunden weltweit zu den anspruchvollsten zählen, ist es wahrscheinlich, dass man bei einem EU-Modell eher einen HDMI-Eingang weniger auf der Rückseite entdeckt als einen mehr. So leuchtet auch ein, dass durch die Summe der Ausstattungsunterschiede ganz automatisch Preisunterschiede entstehen können - ein gekürztes Equipment kostet weniger.

Garantie und Service

Zwischen den Herstellern variieren die Garantiebestimmungen im Detail schon bei rein inländischer Ware. Allgemein gilt allerdings auch bei EU-Modellen, dass man sich im Reklamationsfall an den Händler wendet, über den man den TV oder Blu-ray-Player bezogen hat. Liegt dessen Sitz im Ausland, verlängert das allerdings nicht nur die Transportwege.

Hinzu kommen möglicherweise Sprachbarrieren. Richtig kompliziert wird es, wenn es aufgrund der bereits beschriebenen möglichen Ausstattungsunterschiede bei bestimmten Funktionen hakt. Dann stellt sich die Frage: Ist das ein Reklamationsfall? Und darf man sich auch mit diesem direkt an den Hersteller wenden - wie das bei anderen Reklamationen oft möglich ist? Die Hersteller wollten hierzu keine eindeutigen Aussagen machen. Das hänge vom Einzelfall ab, lautete die Auskunft. "Normale" Garantiefälle würden aber behandelt, als wenn man im Inland gekauft hätte.

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Überfordert werden können auch die Hotlines. Stellt sich im Gespräch heraus, dass die für Deutschland zuständigen Auskunftgeber knifflige Probleme eines spanischen Geräts lösen sollen, lehnen diese unter Umständen die Service-Leistungen ab.

Wie erkennt man EU-Modelle?

Oft ist aus der Anzeige nicht auf den ersten Blick zu ersehen, wo der Händler seinen Sitz hat und ob es sich beim Angebot um ein Modell für Deutschland oder für andere Zielmärkte handelt. Laut Verbraucherzentrale ist eine Auskunft wie "...entspricht dem Modell XY" rechtlich bindend und müsste daher stimmen. Kontrolliert oder gar zur Verantwortung gezogen würden schwarze Schafe jedoch eher selten.

Heimkino: Planung und der richtige Raum

Noch schwieriger wird es, wenn die Modellbezeichnung für die unterschiedlichen Länder nicht variiert, wie das häufig der Fall ist. Nicht bei allen Herstellern ist dann etwa am Ende der langen Bezeichnung das Bestimmungsland ablesbar. Deutschland-Modelle der Marke Philips sind dort für gewöhnlich mit einem "K" gekennzeichnet, die kleineren Deutschland-TVs bis 24 Zoll mit einem "H". Toshibas Modellbezeichnung wiederum ziert am Ende ein "G". Bei LG lassen sich die Modelle überhaupt nicht anhand der Bezeichnung unterscheiden. Mit anderen Worten: Es gibt keine Hersteller übergreifenden Regeln. Man muss also ganz genau hinschauen und die Details selbst prüfen.

EU-Transfers: ein Problem für die Hersteller?

Grundsätzlich begrüßen die Hersteller den freien EU-Handel. Nicht nur, weil sie sich ungern gegen geltendes Recht stemmen wollen. Sondern auch, weil er das Geschäft beflügelt. Ärgerlich wird es erst, wenn einzelne, zum Teil stückzahlenschwache Angebote das gesamte Preisgefüge durcheinanderbringen. Dann würden Einzel- sowie Internet-Händler nach den Preiskonditionen fragen, die dafür ursächlich sind. Und die Kunden würden in den Geschäften nach Aufklärung verlangen.

Solch erhebliche Preisdifferenzen kommen zum Teil durch Täuschungsmanöver zustande. Ein Hersteller berichtete, dass ein Großhändler vorgegeben habe, ein Hotel zu sein. Dieses wurde dann zu Sonderkonditionen mit TVs beliefert. Der Händler schaltete anschließend den "Hotel-Modus" aus und verkaufte die Geräte als gewöhnliche Fernseher. Das sind inzwischen jedoch eher Sonderfälle. Denn ob im Internet oder Handel: Die Preise, so das Credo der Hersteller, seien so niedrig, dass sie die Preisschwankungen zwischen den Ländern inzwischen relativ gelassen hinnehmen.

Fazit

Augen auf beim Billigkauf, lautet die Devise. Ist ein Angebot allzu prickelnd und das Herkunftsland des Fernsehers oder Blu-ray-Spielers obendrein ungewiss, gilt es, genau hinzuschauen. Im Zweifelsfall lohnt es sich angesichts der modernen, technisch kniffligen Services der smarten Welt, ein paar Euro mehr zu bezahlen.

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