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Alles über HEVC - High Efficiency Video Coding

30.8.2013 von Volker Straßburg

Viele Infos in wenige Daten zu pressen lautet die Devise. High Efficiency Video Coding soll das schaffen und den bekannten High-Definition-Datentransfer überholen.

ca. 6:15 Min
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Auf Cineasten warten atemberaubende Erlebnisse. Die Bildschirme werden immer größer, die Bildschärfe nimmt immer mehr zu und Bewegungen wirken immer natürlicher. Zumindest ist dies das erklärte Ziel.

Doch solche Bilder brauchen Futter. Datenfutter, das locker im Bereich über 25 Megabit pro Sekunde liegen kann. Zumindest nach heutiger H.264-Rechnung. Und das ist in puncto Kosten sowie Übertragungskapazitäten im TV-Bereich nicht akzeptabel. Zum Vergleich: Für qualitativ hochwertige HDTV-Übertragungen investiert man derzeit um 12 Megabit pro Sekunde Datenrate, gute Blu-rays kommen im Schnitt auf 25.

Daher versucht die Technik, sich den Heimkino-Bedürfnissen anzupassen. Diese Neuerung heißt High Efficiency Video Coding (HEVC oder H.265) - der direkte Nachfolger des bewährten H.264-Codecs für HDTV.

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Wie bei H.264, auch Advanced Video Coding (AVC) genannt, handelt es sich um ein Datenreduktionsverfahren. Das Ziel besteht darin, für ein komplettes TV-Bild so wenige Daten wie möglich übertragen zu müssen. AVC hat wegen seiner Komprimierungsfähigkeiten HDTV ermöglicht. HEVC soll nochmals eins draufsetzen und 40 bis 50 Prozent weniger Datenmenge benötigen als der Vorgänger.

Ein langer Weg

Anfang Juni wurde der Codec nun als Standard verabschiedet. Der Weg von der Idee bis zur Anwendung eines solchen Kompressionsverfahrens ist lang. 


AVC-Historie

  • Ab 1995: Erste Vorarbeiten an Universitäten und in Unternehmen ab Fertigstellung von MPEG-2
  • 1998: Start der Standardisierungsarbeiten
  • 2001: Beginn der Zusammenarbeit von MPEG und ITU an H.264
  • 2004: Erweiterungen for hohe Qualität (Fidelity Range Extensions)
  • Ab Oktober 2005: Einzelne AVC-Empfänger für Sat-TV-Empfang kommen auf den Markt
  • Oktober 2005: Implementierung erster Hardware-Encoder bei TV-Sendern; keine Datenersparnis gegenüber MPEG-2
  • Oktober 2005: Parallelbetrieb von SD und HD bei ProSiebenSat.1 (bis Februar 2008)
  •  Dezember 2005: Premiere startet drei HD-Sender
  • August 2006: Datenkompression ist im Vergleich zu MPEG-2 um rund 30 Prozent höher
  • Mai 2006: Anixe HD startet
  • Dezember 2006: Erste Blu-ray-Spieler kommen auf den Markt
  • Juli 2008: ARTE HD startet
  •  2008: Implementierung eines Hardware-Encoders bei den öffetnlich-rechtlichen Sendern
  • 2008: Erste Testausstrahlung auf Einsfestival HD
  • Ab Oktober 2009: Einzelne TV-Kabelnetze beginnen mit der Einspeichsung der HD-Kanäle
  • Februar 2010: Das Erste HD und ZDF HD starten
  • 2010/2011:Datenkompression ist im Vergleich zu MPEG-2 um rund 50 Prozent höher
  • Mai 2011: HD ist über IPTV empfangbar (Telekom Entertain)
  • Heutiger Stand:  Datenkompression ist auf dem Stand von 2011

Die Geschichte von HEVC begann 2004, als man weitere Möglichkeiten der Datenkomprimierung ins Auge fasste. Doch mit der Verabschiedung des Standards war das Verfahren längst nicht marktreif. Der Codec beschreibt zwar, vereinfacht gesagt, was in ihn hineingehört und wie er damit umgeht. Der Weg, wie diese Daten praxisgerecht zustandekommen, ist dann der Job geeigneter Software, die erst noch entwickelt werden muss.

Das übernehmen Firmen, die ihre Lösungen in Konkurrenz zueinander an TV-Programm- oder Internet-Services-Anbieter verkaufen möchten. Programm-Entwicklung und Kontaktaufnahme finden derzeit statt.

Anspruch und Realität

Wie anspruchsvoll es ist, solche Software zu entwickeln, verdeutlicht Rainer Schäfer, Leiter Geschäftsfeld Fernsehen beim Institut für Rundfunktechnik (IRT). Er plaudert aus dem Nähkästchen, dass eine gegen Ende der H.265-Entstehungsphase erstellte Software immense Zeit benötigte, um die vom Codec verlangten Daten aus Realbildern zu erstellen: "Für etwa zehn Sekunden Bewegtbilder benötigte das Programm fast einen ganzen Tag." In der Praxis ist das inakzeptabel.

Firmen, die auf solches "Encoding" spezialisiert sind, können die Ergebnisse allerdings dramatisch verbessern. Entwickler Rovi mischt hier mit. Thomas Kramer ist der für HEVC zuständige Produktmanager. Seit etwa 18 Monaten ist seine Abteilung damit beschäftigt. Im Rennen um die besten Werte liegt Rovi bei etwa 15 bis 20 Prozent Datenreduktion gegenüber AVC - noch weit weg von den angestrebten 50 Prozent.

"Es ist ganz normal, dass erste Encoder-Versionen nicht so leistungsfähig sind", erklärt der Fachmann. "Nach und nach wächst das Know-how, und man nähert sich den Zielen an." Seine Schätzung: In drei bis vier Jahren werde man etwa zwischen 30 und 40 Prozent Datenreduktion gegenüber AVC erreicht haben.

Schäfer berichtet Ähnliches über die HDTV-Einführung. Die sei damals von Abo-TV-Anbieter Premiere geprägt gewesen, der unter Geld- und Zeitdruck stand. Der erste AVC-Encoder habe kaum weniger Datenmenge erzeugt als die MPEG-2-Vorgänger. Erst ca. acht Monate später habe man die Vorteile des neuen Codecs nutzen können.

Die HEVC-Einsatzfelder

Auch heute noch verbessert man die Leistung der längst etablierten Encoder kontinuierlich. Und das auf ungleichem Terrain: Es ist bedeutsam, bei welchen Geräten und Distributionswegen ein Codec zum Einsatz kommt. So ist Rovi vorwiegend im Internet-Umfeld tätig, in dem es die verschiedenen Gerätearten Computer, Tablets, Smartphones, Smart TVs und Smart Receiver gibt. Je nach Rechenleistung dieser Geräte könnte man den Spitzenmodellen eventuell bereits jetzt die Entschlüsselung von HEVC-Daten zumuten, erläutert Rovi-Produktmanager Thomas Kramer. Man würde ihnen vorab ein entsprechendes Programm aufspielen, das sie zum Decodieren der Daten befähigt.

Solche "Software-Decoder" sind jedoch nicht an das spezifische Gerät angepasst. Soft- und Hardware sind voneinander unabhängig und passen sich immer wieder gegenseitig an.

Das gilt auch auf Senderseite. Will etwa ein Anbieter von IPTV oder Video on Demand mit dem HEVC-Codec sein Angebot streamen, installiert er den entsprechenden "Software-Encoder". Gerät und Programm finden also auch hier im Nachhinein zusammen.

Praxis: Was H.265 besser macht

Im Umfeld der Fernsehübertragung ist das anders. Hier verschmelzen Gerät und Software und stehen als Einheit im Angebot. Daher spricht man auf Senderseite von einem "Hardware-Encoder", den der jeweilige TV-Sender ins System integriert.

Beim TV-Kunden steht im Gegenzug eine Set-Top-Box, die ebenfalls eine Einheit aus Software und passend leistungsstarker Hardware bildet. Das Blu-ray-Lager ist sich noch uneins, inwieweit der Codec auf Disc seinen Platz finden wird. Die offizielle Aussage lautet, dass man an einem neuen Standard arbeite, der bis 2014 fertig sein soll. Ob H.265 Teil davon ist, scheint noch offen zu sein.

Im Mobilfunk-Umfeld könnte HEVC ebenfalls eine Rolle spielen, sobald es um die Übertragung von Bewegtbildern geht. IPTV wäre dann denkbar. Hierzu gibt es jedoch noch keinerlei Ankündigungen.

HEVC steckt noch im Entwicklungsstadium

Genau genommen ist noch nicht einmal der Standard selbst komplett fertig. An den langen, technischen Bezeichnungen für einen Codec lässt sich dessen Versionsform erkennen. Im Laufe der Zeit verändern sich die Anhänge, was signalisiert, dass weitere, tiefer reichende Standardisierungsschritte vorgenommen wurden. So weiß IRT-Mann Schäfer, dass der HEVC-Codec zwar für den TV- und Heimkinobereich sämtliche Bedürfnisse abdeckt, in der Produktion bei den Film- und TV-Studios aber noch nicht einsetzbar ist. Hier fehlt es etwa an der Integration der Farbtiefe, mit der man in diesem Bereich arbeitet. Solche Codec-Anteile will man während der kommenden Monate integrieren.

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Gute Aussichten scheinen in puncto TV-Einsatz zu bestehen. Am IRT lief bereits der Hardware-Encoder-Prototyp eines Herstellers, der in praxisgerechter Zeit nur 40 Prozent Datenmenge des AVC-Codecs produziert. "Da waren wir durchaus überrascht", gibt Schäfer zu. Man darf also optimistisch sein. Fertig ist das Produkt aber noch nicht.

Auch die Programmierer wie Rovi befinden sich nach wie vor im Entwicklungsstadium. Bislang gibt es lediglich Testläufe, erläutert Thomas Kramer. Dennoch will der Hersteller im Internet-Bereich als erster mit einer Lösung aufschlagen. Ende dieses Jahres soll das erste HEVC-Konzept für Sender und Empfänger als Software-Lösung im Angebot stehen.

Ultra HD und DVB-T2

Zu ahnen ist an dieser Stelle vermutlich bereits, dass mit HEVC nicht nur bei den Inhaltsanbietern umfassende Wechsel erforderlich werden.

Auch auf den Konsumenten warten Veränderungen. Während diese bei Mobilgeräten und Computern durch die kürzeren Produktzyklen eher automatisch stattfinden, steht den TV-Zuschauern eine gezielte Neuanschaffung ins Haus. Weder separate Set-Top-Boxen noch die in Fernsehern integrierten Empfänger besitzen nach gegenwärtiger Einschätzung genügend Rechenleistung für HEVC.

Allerdings wird die bittere Pille etwas versüßt. Denn zusammen mit HEVC erwähnen die Firmen in einem Atemzug auch stets die vierfache Full-HD-Bildpunktzahl Ultra High Definition (4K). Der HEVC-Codec soll also nicht nur für geringere Datenraten sorgen, sondern gleichzeitig höher aufgelöste Bilder ermöglichen. Und für diese Technik sind ohnehin neue Fernseher und Set-Top-Boxen nötig.

HEVC könnte auch zum Anlass werden, DVB-T2 als in Deutschland an sich schon überfällige Übertragungstechnik fürs Antennenfernsehen einzuführen. Dann stünde hier dem Sprung von Standard- auf zumindest HD-Auflösung endlich nichts mehr im Wege.

Sicher scheint, dass HEVC im Internet Ende des Jahres Einzug hält. Für den TV-Einsatz weist Rainer Schäfer darauf hin, dass bei MPEG-2 und -4 jeweils ca. zwei Jahre nach der Codec-Standardisierung die ersten TV-Empfänger kamen und die Fernsehübertragung begann. Das würde auf HEVC übertragen zu den Sky-Plänen passen, bereits 2015 mit der UHD-Ausstrahlung zu starten.

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