Technik extrem: Bitrate

Warum 8 Bit für hochauflösende Filme zu wenig sind

13.8.2013 von Roland Seibt

Jeder denkt, die aktuelle digitale Videotechnik kann 16 Millionen Farben darstellen, und das sollte genügen. Wir haben nachgezählt und sind erschrocken, wie sehr das nicht stimmt.

ca. 3:35 Min
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Technik Extrem: Bitrate
Technik Extrem: Bitrate
© Roland Seibt, Archiv

Bei einem digitalen Bild bauen sich die Farben der Bildpunkte aus den Grundfarben Rot, Grün und Blau auf, deren Pegel mit 8 Bit (also einem Byte) quantisiert werden. Das heißt, pro Grundfarbe sind 28 Werte möglich, also 0 bis 255. Kombiniert man die Grundfarben, kommt man auf 224 Möglichkeiten. Das ergibt dann 16.777.216 verschiedene Farben, und alles ist toll - sollte man meinen.

Ganz so einfach tickt die digitale Welt jedoch leider nicht. Alles dreht sich um Kompression und die Ersparnis von Bandbreite, um mit möglichst geringem Transportaufwand an Daten qualitativ möglichst gute Resultate zu erzielen.

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Die Farbdarstellungsformen RGB und YCbCr lassen sich laut HDTV-Norm ITU-R BT.709 leicht ineinander umrechnen. Dies sind die exakten Formeln.
© Roland Seibt, Archiv

Analog-TV als technischer Vorreiter

Im Video- und TV-Bereich kommt die Auflage der Sparsamkeit aus der analogen Technik, wo schon bei der Erfindung des Farbfernsehens mit maximaler Effizienz gearbeitet werden musste. Es galt, die Sendungen des bereits laufenden Schwarzweiß-Fernsehens voll kompatibel zur alten Technik durch neue Farbinformationen zu ergänzen.

Dazu machte man sich in genialer Weise die Tatsache zunutze, dass das menschliche Auge Farbinformationen nur weitaus unschärfer wahrnehmen kann als Helligkeitsunterschiede. Man braucht also nicht dreimal so viele Informationen, um aus einem grauen Bild ein buntes zu machen, sondern nur etwa die Hälfte mehr. Dazu kamen neu erfundene, effiziente Farbmodelle ins Spiel.

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Eine Bildinformation besteht so bei der analogen TV-Übertragung nicht mehr aus den Grundfarben Rot, Grün und Blau, sondern aus Werten für Helligkeit, Farbsättigung und Farbart (auf Englisch: hue - eine Art "spektrale Regenbogen"-Funktion). Sind die letzten beiden Komponenten nicht vorhanden (gleich null), bekommt man das alte Schwarzweiß-Bild. Schön, dass man in diesem Modell direkt die Farbsättigung als Signalkomponente hat. So lässt sich diese an jedem TV einfach einstellen (Regler: Farbe).

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In der Videotechnik werden Farben als Helligkeiten (Y) von Farbdifferenzsignalen definiert. Cr beschreibt die Rotdifferenz, Cb die von Blau. Dieses Diagramm zeigt die Palette ohne Berücksichtigung der Helligkeit.
© Roland Seibt, Archiv

Digitale Komponenten

Dieses Farbmodell namens HSB (Hue, Saturation, Brightness) wurde schon zu Analogzeiten im TV in YPbPr umgewandelt, das mittlerweile klassische analoge Komponentensignal. Y ist das bekannte Helligkeitssignal, Pb und Pr sind Farbdifferenzen von Blau und Rot.

Man kann sich das Ganze so vorstellen, dass etwa das symmetrische Signal Pr die Rotheit eines Bildpunkes widerspiegelt. Hat Pr den Maximalwert, wird das Bild rot, bei null grau und im negativen Maximum fehlt Rot, das heißt das Pixel wird Cyan (Grün + Blau). Pb läuft analog dazu von Blau über Grau nach Gelb.

Das Ganze funktionierte so hochwertig, dass man bei der Digitalisierung des Fernsehens identische Komponenten zu Hilfe nahm: YCbCr ist die digitale Repräsentation dieses Farbmodells. In jeder heute verbreiteten digitalen Video-Ausstrahlung und -Speicherung, ja sogar auch bei einem JPG-Foto wird also nicht mit RGB, sondern mit YCbCr gearbeitet.

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Da das Auge Farben deutlich unschärfer wahrnehmen kann als Helligkeiten, erkennt man keinen Unterschied zwischen den Farbspeichervarianten RGB (links) und YCbCr (rechts). Für vier Bildpunkte werden in RGB 12 Byte benötigt, in YCbCr jedoch nur 6.
© Roland Seibt, Archiv

Dabei besitzen Farbinformationen die Hälfte der örtlichen Auflösung der Helligkeit (Sampling 4:2:0, jeweils vier Pixel teilen sich eine Farbe). Und vom Digital-TV bis hin zur Blu-ray werden die drei Komponenten Y, Cb und Cr in 8 Bit aufgelöst, was eigentlich wiederum eine Palette von 16 Millionen Farben verspricht.

Allerdings arbeiten das menschliche Auge, Kameras und TV-Displays immer noch nach dem RGB-Modell. Daher schreibt die TV-Norm BT.709 der ITU peinlich genau vor, wie digitale Signale von RGB nach YCbCr umgerechnet werden, und umgekehrt - in simpler Matrizenrechnung.

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Um den digitalen Daten mehr Rechenfreiheit zu erlauben, definierten die Macher der Standards, dass etwas Platz an den Enden der Pegel gelassen werden solle. Für Rot, Grün, Blau und die Helligkeit sind danach nur Werte zwischen 16 und 235 zulässig, und für Cb sowie Cr nur zwischen -112 bis 112. Man kommt so immer noch auf über elf Millionen Farbkombinationen.

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Unser kleines DOS-Programm errechnet, welche Werte von YCbCr nach dem Umwandeln im legalen RGB-Bereich enden. Es sind die wenigsten. Nutzt man den vollen Bit-Bereich, steigt die Anzahl der Farben deutlich.
© Roland Seibt, Archiv

video deckt auf

Beim Herumspielen mit der Umrechnungsformel fiel uns auf, dass bei willkürlicher Eingabe von YCbCr-Werten oft RGB-Ergebnisse herauskamen, die negativ waren oder bis über 400 reichten, weit jenseits der Kapazitäten eines Bytes (8 Bit, 0-255). Also haben wir ein kleines PC-Programm geschrieben, dass zählt, wie viele der 16 Millionen Kombinationen von Y, Cb und Cr, die zum Beispiel auf einer Blu-ray vorhanden sind, es bei der Umwandlung in den legalen Pegelbereich von RGB schaffen, also auf dem Panel eines TV-Geräts wirklich korrekt angezeigt werden können.

Das Resultat ist schockierend: Von den theoretisch möglichen 11 Millionen Farben dürfen weniger als 2,6 Millionen tatsächlich genutzt werden. Eine krasse Einschränkung, die erklärt, warum doch so viele Banding-Artefakte auf einer noch so guten Blu-ray-Disc zu sehen sind. Und man fragt sich, wie sinnvoll die Speicherung in YCbCr überhaupt ist, wenn drei Viertel der Datenwerte illegal sind.

Auf jeden Fall ist das aktuell gängige Farbmodell in 8 Bit unzureichend für technisch tolle, hoch auflösende Filme. Das ist wohl ein Grund dafür, dass für Ultra HD (4K) mit mindestens 10 Bit gerechnet werden soll, also mit vierfach feineren Farbverläufen pro Komponente. Die bringen es theoretisch auf 1.073.741.824 Farbkombinationen. Mal sehen, wie viele davon übrig bleiben, wenn wir nachzählen: Es sind stolze 165 Millionen.

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