80-Zoll-TV
Sharp LC-80LE857E im Test
Beim Stichwort Riesenfernseher denken wir vor allem an die neuen Ultra HDTVs mit erhöhter Auflösung. Sharp bringt nun mit dem LC-80LE857E einen edlen und gewaltigen 80-Zöller mit "konservativem" Full HD auf den Markt. Kann der neue Quattron im Test überzeugen?
Es gibt gute Argumente, mit dem Kauf eines Ultra-HD-Fernsehers zu warten und die nächsten fünf Jahre noch auf Full HD zu setzen. Mit dem LC-80LE857E liefert Sharp ein weiteres. Die 4K-Konkurrenten sind doppelt bis dreimal so teuer wie dieser Riesen-TV der 2-Meter-Klasse. Und 15.000 Euro zu sparen ist keine Kleinigkeit. Entscheidend bei allen Diskussionen ist der Sehabstand zum Fernseher, und den haben wir mit mehreren Versuchspersonen wieder einmal ausprobiert.
Tritt man an den Sharp auf einen Meter oder näher heran, erkennt man die vergleichsweise riesigen Pixel als störende Fliegengitter. Bei zwei Metern sind die Raster gut erkennbar. Drei Meter sind eine Grenze, bei der es stark auf die Sehschärfe des Probanden ankommt. Spätestens ab 3,5 Metern Abstand wird die Bildfläche jedoch durchweg als homogen wahrgenommen und feinste Linien in Testbildern verschwimmen.
Testbericht: 55-Zoll-Fernseher
Bei perfekter Qualität der Bildquelle gilt die dreifache Bildhöhe von Full HD als idealer Sehabstand. Auch wenn dieser Sharp als Bildgigant auftritt, den sich nur wenige leisten werden, wäre er dennoch fürs Durchschnittswohnzimmer geeignet. Ein Sehabstand von drei Metern sollte sich von der TV-Schrankwand zur Couch an der gegenüberliegenden Wand in der Regel realisieren lassen, wenn auch die Schrankwand selbst wohl oft für die TV-Installation weichen muss.
Und damit bei ausgeschaltetem Gerät kein riesiges schwarzes Loch die gute Stube dominiert, haben Sharps Ingenieure den Galeriemodus integriert, der bei moderatem Stromverbrauch Kunstwerke auf der riesigen Bildfläche darstellt. Diese Kunstdarbietung benötigt 65 Watt, kann das Ambiente aber aufwerten - vor allem, wenn man die integrierte japanische Kunst durch Zeitgenössisches über USB ersetzt.
Bildqualität: Sharps bestes Panel
Der vergleichsweise sehr geringe Stromverbrauch ist Sharps Quattron-UV²A-Panel zu verdanken, das durch Rand-LEDs hinterleuchtet wird. Es strahlt mit maximal 400 Candela äußerst hell und ist heruntergedimmt sehr energieeffizient (Klasse A+). Dessen vierte Grundfarbe Gelb wurde bereits oft kontrovers diskutiert, erweitert sie doch das Farbpotenzial noch weiter von der verhaltenen HDTV-Norm weg als nötig.
Ein weiterer Vorteil: Der TV hat nun acht statt sechs Millionen Subpixel und kann durch eine feinere Ansteuerung Kanten höher auflösen, was Sharp auch nutzt. Dann besitzen die Backlights aller TV-Geräte eine zu hohe Farbtemperatur (zu viel Blau), die durch eine prozentuale Zunahme der Gelbfläche (das Gegenteil von Blau) ausgeglichen werden könnte. Unsere Mikroskop-Aufnahme eines Pixels zeigt, dass flächenmäßig Grün reduziert wurde und Rot verhältnismäßig groß ist. Trotzdem bleibt für das dort abgebildete Normweiß ein blauer Pixelteil gedimmt.
Sharps großes Quattron-Panel ist schnell - mit echten 200 Hz schnell genug, um bei einer 24p-3D-Blu-ray 60-mal pro Sekunde jedes Auge zu belichten und gedimmte Schwarzphasen für flüssigere Bewegungen zuzulassen. Eine Zwischenbildberechnung erledigt den Rest. 3D wird also schön scharf und mit sauberen Bewegungen dargestellt, jedoch auch mit knapp zwei Prozent Übersprechen. In 2D kann die einstellbare Bewegungskompensation mit getrennt (im Menü weit auseinander) regelbarem Backlight Scanning gut punkten. Das riesige, äußerst klare, lichtstarke und scharfe Panel gibt allerdings schnell den Blick für alle Arten von Bildfehlern frei, die von der Quelle kommen oder Abfall von Bildverbesserungen sind.
So erzeugt der Sharp ein exzellentes Bild von hervorragenden Blu-ray-Filmen, das mit dem von 84-Zoll-Ultra-HDTVs vergleichbar ist. DVB-T oder Analog-TV ist aber eigentlich nicht einmal aus zehn Metern Abstand erträglich. Ein spezieller Knackpunkt sind die im Werkszustand viel zu klaren Farben. Selbst im Kinomodus liegt die tiefe Farbtemperatur schon bei 8.600 statt 6.500 Kelvin, und sie lässt sich nur auf Perfektion einstellen, wenn man die Regler des Feinabgleichs Verst.(LO) (= Offset) und Verst. (HI) (= Gain) für Rot und Blau an ihre Extrema treibt.
Optimale Einstellungen für Sharp-TVs
Wer es sich leisten kann, sollte den Endabgleich einem geschulten Kalibrator mit Messgerät überlassen. Zusätzlich noch die Farbpegel gut hinzubekommen und auf die Mischfarben zu achten war in unserem Labortest recht schwierig. Aber es klappt und man entlockt dem Sharp ein neutrales, dezentes und dennoch begeisterndes Riesenbild.
Das Quattron-Panel ist leicht mattiert, schön dunkel und bietet einen guten Blickwinkel. Um Clouding entgegenzuwirken, sollte unbedingt der Lichtsensor (OPC) aktiviert werden.
Ausstattung: Ein TV-Gerät für Profis
Uns war schon beim Auspacken klar, dass dieser Sharp für Profis und Installationen gebaut war. Der 78 kg schwere Brocken ist sehr massiv aufgebaut und dazu edel verarbeitet. Der stabile, fest stehende Fuß und die schönen Metallleisten sorgen für eine sehr gute Haptik und eine schöne Anmutung des Gerätes. Die Rückseite entstammt eher der Feder eines Technikers denn eines Designers. Anschlüsse gibt es en masse, sogar in den analogen Originalversionen Scart, VGA und Komponente, doch keine Klappen oder Schächte, um Kabel zu verstecken. Professionellen Installationen kommt zugute, dass alle Basisfunktionen über RS-232 oder neu auch über LAN kontrollierbar sind.
Inzwischen fanden wir bei unseren Tests auch die Android-App AQUOS Remote Lite von Sharp, die jedoch kaum mehr kann als die mitgelieferte Fernbedienung, nur halt eben moderner. Der beiliegende Infrarotsender mag manchem überladen vorkommen, wichtige Tasten wie die Aufnahmefunktionen oder jene, die einen angeschlossenen Blu-ray-Player steuern (AQUOS Link) sind jedoch richtigerweise gesondert vorhanden. Dabei ist die Anordnung der Drücker identisch mit den Fernbedienungen preiswerterer Modelle, ihre Verarbeitung jedoch hochwertiger.
Die Bildschirmmenüs sind nicht identisch mit denen des LC-50LE752E, der ja in Europa für Europa produziert wurde. Hier ist die klassische internationale Variante zu sehen, was wohl dem älteren Chassis geschuldet ist, das aber alle professionellen Kalibrationsoptionen bereitstellt und die 200-Hz-Bewegungskompensation mit vierfachem Backlight Scanning ermöglicht.
Bei der Ausstattung verzichtet Sharp auf einigen Ballast. Der Vier-Wege-Tuner ist als Basisempfänger sehr gut und sucht seine Senderlisten sinnvoll aus, aber Doppel-Tuner, wie Samsung und Panasonic sie dieses Jahr eingeführt haben, bleiben Zukunftsmusik. Auch Gesten- oder Sprachsteuerung gibt es nicht, ja die Skype-Kamera und sogar 3D-Brillen muss der Kunde zusätzlich anschaffen. Dafür sind reichlich AV-Eingänge vorhanden. Auch Smart TV (AQUOS NET+) und HbbTV bietet Sharp - als Mitglied der Smart-TV-Allianz auch aus vielen interessanten Quellen.
Fazit
Der große Sharp kostet stolze 8.000 Euro (UVP). Doch wer ein neutrales, brillantes Bild dieser Größe sucht, das auch in 3D die volle Schärfe bietet, wird schnell bei diesem Gerät fündig. Wenn man etwas pokert und glaubt, Ultra-HD-Inhalte werden über Jahre Mangelware bleiben, wird man lange Spaß an diesem edlen Bildmonster haben.
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